Du betrachtest gerade MacGuffin, dein Freund und Helfer
Bild wurde mit Hilfe einer KI generiert

MacGuffin, dein Freund und Helfer

Am Wochenende habe ich mal wieder einen meiner Lieblingsfilme geschaut – «The Rock» aus dem Jahre 1996 mit Sean Connery und Nicholas Cage.

Kurz zusammengefasst geht es um eine Geiselnahme auf Alcatraz. John Mason (Sean Connery) ist der Einzige, dem es jemals gelungen ist, aus Alcatraz auszubrechen. Die USA halten ihn seit Jahrzehnten gefangen, weil er einen Mikrofilm mit hoch brisantem Inhalt besitzt. Nun soll Mason der Regierung helfen und ihnen zeigen, wie man in Alcatraz einbricht, um die Geiseln zu befreien.

Wie gesagt, ist dieser Film einer meiner Lieblingsfilme, aber nun ist mir zum ersten Mal aufgefallen, dass der erwähnte Mikrofilm nichts anderes als ein MacGuffin ist.

Als ich den Begriff zum ersten Mal hörte, konnte ich damit überhaupt nichts anfangen.

Auch über Seiten wie Wikipedia wurde ich nicht viel schlauer. Erst vor Kurzem habe ich eine Erklärung gefunden, mit der ich wirklich etwas anfangen konnte. Bist du bereit?

Mac Was?

Der von Alfred Hitchcock (beziehungsweise seinem Drehbuchautor Angus Macphail) geprägte Begriff, beschreibt das Objekt der Begierde des Antagonisten. Also das, was auch immer der Antagonist selbst haben möchte oder das, was er für seinen Plan braucht.

Hitchcock war der Meinung, dass der MacGuffin nur für die Charaktere von Bedeutung sein muss. Dem Publikum ist er dagegen völlig egal. Als Beispiel wird hierfür oft der Koffer aus dem Film «Pulp Fiction» genannt. Alle Charaktere sind total versessen darauf ihn zu bekommen, aber da niemals erwähnt wird, was der Koffer enthält, ist er dem Zuschauer völlig egal.

George Lucas vertritt dagegen die Meinung, dass die Zuschauer sehr wohl eine Verbindung zum MacGuffin aufbauen sollen. Deshalb kreierte er den sehr sympathischen R2D2 und versteckte die Pläne des Todessterns in seinem Speicher.

Wem auch immer man zustimmen mag – Fakt ist, dass der MacGuffin lediglich ein Hilfsmittel ist, um die Handlung voranzutreiben, und daher absolut austauschbar.

Warum brauche ich überhaupt einen MacGuffin?

Wenn der MacGuffin austauschbar ist, warum solltest du dann nicht ganz auf ihn verzichten?

Zunächst einmal, weil jeder Charakter ein Ziel benötigt. Das, was er mehr als alles andere haben möchte und warum er all die Strapazen auf sich nimmt. Es macht deinen Job als Schriftsteller einfacher, wenn du dieses Ziel in ein Objekt verwandelst.

Sagen wir, dass mein Antagonist mit der Hilfe magischer Steine die Weltbevölkerung auslöschen möchte. Die Steine sind also der MacGuffin.

Jetzt kann ich mir folgende Fragen stellen:

  • Hat der Antagonist die Steine bereits in seinem Besitz? In dem Fall muss mein Held sie ihm wegnehmen.
  • Hat der Held die Steine in seinem Besitz? Dann muss der Antagonist versuchen, sie ihm abzunehmen.
  • Hat jemand Drittes die Steine? Dann beginnt ein Wettrennen zwischen Antagonist und Held.
  • Welchen Bezug hat der Held überhaupt zu den Steinen? Ist er ein Magier oder Alchemist, der ihre Funktion sein Leben lang studiert hat? Oder ein Bibliothekar, der alle Geschichten über sie kennt und helfen kann sie zu deaktivieren?

Die gleichen Überlegungen kannst du für den Antagonisten anstellen. Zusätzlich noch:

  • Warum will der Antagonist die Steine haben? Um sie selbst zu benutzen? Um sie zu verkaufen oder gegen eine andere, noch mächtigere Waffe einzutauschen?

Ändern wir die Prämisse nun dahingehend, dass der MacGuffin keine magischen Steine mehr sind, sondern dass er zu einem Elixier wird. Die Fragen, die du dir stellen solltest, haben sich dadurch nicht geändert. Und das Entscheidende: Auch die Antworten bleiben gleich.

Was genau der MacGuffin ist, hat keinen Einfluss auf die Entwicklung des Helden, die Motive des Antagonisten oder die Rollen der Nebencharaktere.

Wichtig ist nur, dass es überhaupt einen MacGuffin gibt.

Der MacGuffin im Titel

Wenn du mal dein Bücherregal durchforstest, wirst du bestimmt einige MacGuffins direkt im Titel finden. Insbesondere, wenn du gerne Fantasyromane liest.

Ein Paradebeispiel für die Anwendung eines MacGuffin im Titel sind alle Harry Potter Bücher.

Weitere Beispiele:

  • Book of Eli
  • Der Da Vinci Code
  • Der rosarote Panther
  • Die Chroniken von Shannara
  • Das Jesus Video

Und mein absoluter Liebling: Snakes on a Plane 😀

Der MacGuffin des Helden

Als einfache Erklärung habe ich ja eingangs geschrieben, dass der MacGuffin das Objekt der Begierde des Antagonisten ist.

Was aber, wenn der Antagonist gar keine Person ist, sondern eine Krankheit oder der Kampf gegen gesellschaftliche Konventionen?

In dem Fall benötigt der Held selbst einen MacGuffin. Er muss ein Gegenmittel für die Krankheit finden oder selbst herstellen. Er wird einer Tat beschuldigt und braucht den MacGuffin, um seine Unschuld zu beweisen.

Manchmal kann sogar der MacGuffin selbst die antagonistische Kraft sein.

In dem Film «Bird Box» bringt irgendetwas die Menschen dazu, Selbstmord zu begehen. Wir erfahren bis zum Schluss nicht, was dieses Etwas ist. In dem Fall ist es auch nicht wichtig, denn es geht vor allem darum zu zeigen, wie die Gesellschaft auf dieses Phänomen reagiert.

Eine weitere Möglichkeit ist, dass der MacGuffin etwas ist, was der Antagonist zerstören möchte, anstatt es zu besitzen.

Es ist seine Achilles Ferse und kann ihn zu Fall bringen. Zum Beispiel das Schwert in «Die Chroniken von Shannara».

Braucht es nur einen MacGuffin?

Manchmal braucht der Antagonist eine Reihe von Zutaten oder Objekte einer Sammlung, die ihm dabei helfen sein Ziel zu erreichen. Meistens ist das der Fall, wenn man einen Abenteuerroman schreibt. Dieser beinhaltet ein Wettrennen zwischen Antagonist und Held um die Zutaten/Objekte.

Jede Zutat / jedes Objekt ist in dem Fall ein MacGuffin.

Im ersten Band der «Zwerge» von Markus Heitz müssen Zutaten besorgt werden, mit denen dann eine Axt geschmiedet werden kann. Sowohl Zutaten als auch die Axt sind die MacGuffins.

Als großer Marvel Fan muss ich natürlich hier auch noch die Infinity Steine als Beispiel nennen. Sie sind der Über-MacGuffin, auf dem der ganze Plot der Avengers-Reihe und aller zugehörigen Marvel-Filme basiert.

MacGuffin als Person

Im Fall des Films «The Rock» ist nicht nur der Mikrofilm, sondern auch der Gefangene John Mason ein MacGuffin. Denn John hat den Weg hinein in das Gefängnis Alcatraz im Kopf. Ganz genau wie R2D2 mit den Plänen des Todessterns.

Auch eine entführte Person kann als MacGuffin dienen.

Sie wird dann als Druckmittel eingesetzt, um etwas von der Familie zu bekommen, dass dann wiederum der eigentliche MacGuffin ist (Geld, eine Formel, Baupläne, etc).

Der MacGuffin kann sogar der Held selbst sein.

Der auserwählte Weltenretter (Neo in «Matrix»), ein Kronzeuge, der Erbe eines Schatzes, Bezwinger des Tyrannen (Katniss aus «Tribute von Panem», Tris aus «Divergent»)

Mein Fazit

Ich habe die Bedeutung des MacGuffin als Hilfsmittel für den Roman viel zu lange unterschätzt. Er ist im wahrsten Sinne des Wortes wie der «Heilige Gral». Ein Ding, das jeder haben will, dessen Macht aber niemand genau kennt. Alleine der Glaube an ihn bringt Menschen dazu, über sich hinaus zu wachsen, und treibt dadurch die Handlung voran. Er muss nicht zwangsläufig realistisch sein, aber im Sinne des Romans glaubwürdig.

Wenn du dich jetzt fragst, ob dein Roman einen MacGuffin braucht, ist die Antwort ein absolutes JA!

Dabei geht es allerdings nie darum, was genau der MacGuffin ist, sondern darum, wie die Charaktere auf ihn reagieren.

Er enthüllt ihre Stärken und Schwächen, Werte und Prinzipien.

MacGuffins gibt es in jedem Genre. Auch in einem Liebesroman. Schauen wir uns einmal «Stolz und Vorurteil» an. Der MacGuffin ist in dem Fall Mr. Bingley. Seine Ankunft bringt Elisabeth und Mr. Darcy einander näher. Doch als Mr. Bingley mit Jane anbandelt, ist es die unterschiedliche Reaktion darauf, die Elisabeth und Mr. Darcy entzweit. Darcy will seinen besten Freund vor einer Enttäuschung schützen, während Elisabeth weiß, wie verliebt ihre Schwester ist und die Romanze retten will.

Für mein Schreiben waren diese Erkenntnisse eine absolute Bereicherung und die Frage nach dem MacGuffin ist mittlerweile ein fester Bestandteil meiner Plotanalyse.

Wie sieht es bei dir aus? Hast du den Begriff MacGuffin schon einmal gehört? Nutzt du ihn bewusst oder hast du ihn vielleicht unbewusst schon für deine Romane verwendet?

Schreib es mir gerne in die Kommentare. Auch wenn du noch Fragen zu dem Artikel hast.

Wenn dir der Artikel gefallen hat, freue ich mich sehr, wenn du ihn empfiehlst. Das hilft mir, mein Wissen noch weiter in die Welt zu tragen.

Neben dem Blog stehe ich dir natürlich auch gerne als Lektorin zur Verfügung. Klicke hier für eine Übersicht meiner Dienstleistungen und Preise 

Alles Liebe und weiterhin erfolgreiches Schreiben! 🙂

Anke

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Nicole

    Danke für die Warnung 😉 Dann kann ich mir „How it ends“ gleich sparen.

  2. Nicole

    Ich mag die MacGs sehr. Manchmal werden sie auch zu einem Kultelement, was ich dann besonders gelungen finde.
    Beim Film „Bird Box“ habe ich mich am Ende allerdings sehr geärgert, denn dieser Film wirft ja die laute Frage auf, warum die Menschen blind werden. Für mich ist das kein McGuffin, weil, wenn es keine Antwort auf diese Frage gibt, wirkt der Film willkürlich oder im noch schlimmeren Fall unglaubwürdig. Ich kriege dann den Eindruck, die Macher wären einfach zu doof gewesen, um eine Logik dahinter auf die Beine zu stellen.
    Wenn es sich um reine Daten oder einen Schatz handelt, ebenso der Koffer aus PF, dann haben diese Dinge ja wirklich nur mit einer symbolischen Sehnsucht zu tun, die in Form eines Gegenstandes dargestellt wird. Eben echte McGuffins. Aber wenn der McGuffin direkt auf die Figuren einwirkt, ohne dass sie die Wahl haben (Blindheit, Ausrottung der Menschheit), entsteht ein Geheimnis, das ich entschlüsseln möchte – und dann ist es für mich kein MacG mehr. Darum hat mich der Film am Ende enttäuscht. Nix als heiße Luft. Aber vielleicht gibt es ja einen Teil 2, in dem die Logik dahinter noch erfolgt…
    Gruß, Nicole

    1. LektorinAnke

      Hey Nicole,
      vielen lieben Dank für deinen Einwand. Ich kann ihn total nachvollziehen, denn im Fall von „Bird Box“ ist es wirklich ein schmaler Grad. Ich wollte am Anfang auch unbedingt wissen, warum alle auf einmal durchdrehen, fand dann jedoch die Reaktion der Menschen auf das Phänomen den interessanteren Plot. Natürlich bin ich auch weiterhin neugierig (und hoffe auf einen Teil 2 ;)), aber in meinem Fall verzeihe ich den Autoren, dass sie das Geheimnis nicht lüften.
      Viel schlimmer war für mich der Film „How it ends“, über den ich mich noch immer aufregen könnte. Wenn der Titel schon „How it ends“ heißt, dann will ich verdammt nochmal wissen, wie es denn endet und was das Ende verursacht hat. Darüber werde ich wohl nie hinwegkommen. 😀
      Ganz liebe Grüße,
      Anke

Schreibe einen Kommentar